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Sport

Staffellauf zur Rettung der Welt

02 May 2011
Können Sie sich vorstellen, einen 150 Kilogramm schweren Holzklotz, massig wie ein kleines Bierfass, auf den Schultern zu tragen und damit 1000 Meter zu sprinten? Oder Tauziehen mit den Ohren zu machen? Dabei handelt es sich keinesfalls um Randsportarten, sondern um Überlebensstrategien, die Menschen in vielen Teilen der Erde praktizieren.
Staffellauf zur Rettung der Welt
Die Canela-Indianer, die in einem Reservat im Nordosten Brasiliens leben, betreiben mit ihren Klotzrennen täglich diese sportliche Ertüchtigung. Aber Vorsicht! „Die Menschen in anderen Kulturen haben ein anderes Verständnis von Sport als wir”, so Gundula Rentrop weiter. Ihre Führung durch das Magazin des Überseemuseums stand unter dem Motto „Die Welt am Laufen halten! Bewegungskultur in Übersee”. In der westlichen Welt verstehe man unter Sport vor allem den Wettkampf gegen Konkurrenten und das Streben nach persönlicher Fitness. „Die Indianer machen keinen Sport, sondern Bewegungskultur.” Bei den Canela-Indianern sind die Klotzrennen, die an unseren Staffellauf erinnern und auch schon von Kindern mit entsprechend kleineren Gewichten praktiziert werden, tief in ihrem Weltbild verwurzelt. Nach ihrer Mythologie sind die Menschen aus zwei Klötzen entstanden. Die Sonne hat den schönen und starken, der Mond den hässlichen und schwachen Menschen erschaffen. „Beim Klotzlauf geht es darum, das Gute und Starke immer wieder zu erneuern, um die Welt am Laufen zu halten”, erläuterte Rentrop, „denn wenn man es nicht tut, beherrscht das Trägheitsprinzip die Welt.” So gebe es bei den Rennen erst in letzter Zeit die Unterscheidung zwischen Siegern und Verlierern. „Das ist durch Fußball-Übertragungen entstanden”, erklärte Rentrop den Einfluss der modernen Welt auf die Indianer-Kultur. Selbst ausprobieren konnten die Teilnehmer der kleinen Besuchergruppe Geschicklichkeitsspiele, die die Inuit, die Bewohner der Arktis, ausüben. Bei Fadenspielen wurden verschiedene Figuren kreiert, bei einer simulierten Form des so genannten Ayagaq taten sich viele schwer, die mit einem Faden an einem kleinen Becher befestigte Kugel mit dem Becher zu fangen. „Das ist Training, um bei den niedrigen Temperaturen keine steifen Finger zu kriegen”, erklärte Rentrop diese sportliche Überlebensstrategie der Inuit. Beim Tauziehen mit den Ohren ginge es vor allem darum, Schmerzen ertragen zu können, da die Inuit, wenn sie sich verletzen, im ewigen Eis nicht mit dem Notarztwagen rechnen könnten.
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